Eines der schönsten Momente in unserem Leben war, als das neue Leben, unser 9 Monate ersehntes Baby, in den Arm gelegt wird. Levi, der Kämpfer, darf Papi stolz verkünden, sein kleiner Sohn. Ich weißt nicht ob ich weinen oder lachen soll, mein Herz springt fast auseinander. Vor Stolz, dass ich es gerade geschafft habe, ein Baby auf die Welt zu bringen und vor Liebe, das dieses kleine Wesen wirklich mein kleines Baby ist. Mein kleiner Junge. Papa platzt auch fast vor Stolz. Alles um mich herum kommt langsam wieder zu Ruhe. Das leise Atmen meines Babys streift leicht über meine Haut. Und dann auf einmal dieses seltsame Gefühl in mir drin. Irgendwas stimmt nicht. Er atmet irgendwie seltsam oder? Die Hebamme meint,das sei normal; es kann sein, dass Fruchtwasser noch in den Atemwegen ist. Das ginge bald weg. Der Arzt nimmt den kleinen Schatz, um ihn zu untersuchen und dieses seltsame Gefühl nimmt kein Ende. Irgendwas stimmt nicht. Und dann die Antwort. Er hat eine Gaumenspalte. Mose und ich schauen den Arzt mit einem großen Fragezeichen im Gesicht an. Was ist eine Gaumenspalte? Noch nie gehört! Ist es schlimm? Was passiert mit ihm jetzt? Was hat das für Beeinträchtigungen? Tausend Fragen, die alle nicht so beantwortet werden können, dass wir endlich verstehen können um was es geht!

Er muss operiert werden und danach kann er eine Sprachstörung haben. Das war alles, was uns in dem Moment gesagt wurde. Ich denke im Rückblick, die Ärzte und Schwestern waren selber etwas erschrocken. Tausend Gedanken gehen uns durch den Kopf und während Levi, unser kleiner Schatz gewaschen und angezogen wird, versuchen wir im Internet Antworten zu finden. Das hätten wir lieber lassen sollen. Vollkommen schockiert über das, was da für Sachen stehen, brechen die Tränen aus uns heraus. Was nun? Und schon öffnet sich die Tür und die liebe Krankenschwester Anastasia bringt uns unser Baby wieder. Legt ihn mir in den Arm und meint noch, er ist so zuckersüß. Angst und Sorge spiegelt sich gleichzeitig in unserem Gesicht, aber das ruhige Lächeln der Krankenschwester legt sich wie ein warmes Tuch ums Herz. Es wird bestimmt alles nicht so schlimm sein…Dann: kein Atem mehr. Unser Baby atmet nicht mehr!

Levi wird mir aus dem Arm genommen, alle fangen an zu rennen und und auf einmal bricht für uns die ganze Welt zusammen. Warum? Warum- schreit es in mir drin. Warum mein Baby? Warum? Habe ich irgendetwas falsch gemacht? Die Angst und Sorgen lassen den Tränenfluss nicht mehr aufhören und am liebsten würde ich einfach nur aufwachen, aufwachen aus diesem schrecklich Traum! Aber es ist kein Traum! Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnet sich die Tür und wir werden geholt. In einen kleinen Raum, wo unser kleines Baby an Kabeln und Geräten angeschlossen, mit einer Atemmaske – einfach zu schrecklich, wie das aussieht. Viele Ärzte stehen um ihn herum und versuchen uns zu erklären, was los ist, aber es fühlt sich an, als ob alles an mir abprallt. Ich kann mich einfach nicht konzentrieren und will einfach nur ,dass das alles aufhört. Ich will einfach nur mein Baby bei mir haben. Aber die Realität zieht mir den Boden unter den Füßen weg und ich muss mich konzentrieren, nicht umzukippen. Es reißt schlicht mein Herz auseinander bei dem Anblick und der Angst. Die Tür öffnet sich und der Krankenwagen ist da, um unser Baby in ein anderes Krankenhaus zu bringen, wo er auf der Baby-Intensiv-Station genau beobachtet und kontrolliert werden soll. Ich kann es nicht mit ansehen, wie unser Baby komplett verkabelt weggebracht wird. Am liebsten würde ich einfach nur davonlaufen. Mein Herz schreit nur noch zu Gott: „Warum?“ „Oh Gott, Warum?“ Und dann ist alles still im Zimmer. Zu still. Kein Baby mehr ,das schreit… Nur mein Herz schreit…

Wir sind in unserem Zimmer im Krankenhaus und können nicht reden. Mose hält einfach im Arm und wir weinen. Wir können entscheiden ,ob wir noch dableiben möchten die Nacht. Aber was soll ich hier. Ohne mein Baby. Ich will einfach nur nach Hause. Joleen und Alicia freuen sich zu Hause schon riesig auf ihren kleinen Bruder, aber er ist nicht mit dabei. Ein Glück war, dass sie nicht verstanden haben,was wirklich los ist. Die dachten es ist normal, dass die Babies noch länger im Krankenhaus bleiben müssen. Mose legte beide schlafen und ist gleich ins Krankenhaus zu Levi gefahren. Ich war schrecklich müde, aber die Angst ließ mich nicht schlafen. Ich danke Gott einfach nur, dass Mose bei ihm meinem kleinen Baby ist und ich wusste, das Gott auf meinen kleinen Engel aufpasst. Ich habe keine andere Wahl, als Gott zu vertrauen. In einem Moment, wo ich nichts mehr in der Hand hatte.

Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt in meinem Leben immer alles im Griff. Alles genau geplant und unter Kontrolle. Jetzt glitt mir alles aus den Händen und das einzige ,was mir übrig blieb war, Gott vollkommen zu vertrauen. Auch wenn ich nicht im geringsten verstehen konnte warum das alles passieren musste und nicht im geringsten verstehen konnte, was eigentlich gerade passierte. Mir blieb einfach keine andere Wahl, als mein Baby in Gottes Hände zu legen und ihm voll zu vertrauen. Wem sollte ich sonst vertrauen, als dem, der mein Baby geschaffen hat und seine Zukunft kennt?!

Am nächsten Tag wurde Levi nochmal in eine andere Klinik gebracht. 50km weiter entfernt.

Gott sei dank durften wir trotz Corona alle beide den ganzen Tag bei ihm auf der Intensivstation bleiben. Levi war die ganze Zeit bei uns auf dem Arm. Er musste ja schon nachts ganz alleine bleiben, da sollte er wenigstens am Tag so viel Geborgenheit von uns bekommen wie es nur ging. Auf der Intensivstation wurde mir erst mal klar, dass unser „Problem“ das kleinste Problem auf dieser Station war. Mir wurde klar, dass mein Baby wieder gesund werden würde, aber andere Kinder vielleicht nicht mehr. Und in dem Moment realisierte ich, wie dankbar man sein muss, gesunde Kinder zu haben. Levi konnte nach drei Tagen auf die Babystation und dort durfte ich dann mit ihm bleiben, in einem mini kleinen Zimmer. Die Monitore waren 24h am piepsen, gefühlt kamen alle paar Minuten jemand ins Zimmer, um ihn zu kontrollieren. Jeden Tag hatten wir viele Untersuchungen, wo schlichtweg alles kontrolliert wurde. Von Herz, bis Darm… weil sie andere Komplikationen ausschließen wollten. Bei jeder Untersuchung schrie mein Herz einfach zu Gott, dass ich ihm vertraue und wenn sich alles als gut herausstellte, fiel eine riesen Sorge ab. Levi war einfach so mini klein. Er musste sondiert werden, weil er einfach zu schwach war, um die Flasche zu bekommen. Nach ein paar Schlucken schlief er immer ein. Er war so schwach, dass er nicht mal richtig schreien konnte. Man musste direkt im Zimmer stehen, um sein leises Schreien zu hören. Ich pumpte alle vier Stunden Milch ab, die ihm dann sondiert wurde, aber er nahm immer mehr ab. Er war schon 300g unter seinem Geburtsgewicht, obwohl er seine normale Menge sondiert bekam. Jeden Morgen wurde er gewogen und hoffend stand ich nebendran, dass er wenigstens ein paar Gramm zugenommen hatte. Aber es passierte nichts. Als ich in die Klinik aufgenommen wurde, wurde uns gesagt, in drei Tagen dürfen sie wieder nach Hause mit dem Kleinen….sobald es mit dem Trinken klappt. Nun war ich schon eine Woche hier und es wurde alles irgendwie immer schlimmer. Trinken mit der Flasche klappte nicht und dann nahm er nicht zu…. Es hieß dann, wir müssen so lange bleiben, bis er sein Geburtsgewicht erreicht hatte… aber wie lange sollte das gehen, wenn er kein Gramm zunahm? Ich war schier am durchdrehen!

In Coronazeiten im Krankenhaus zu sein, ist einfach nur der Horror! Kein Besuch! In einem mini Zimmer feststecken und man hat Niemanden, der einem in dieser so trostlosen Situation beistehen oder einfach mal in den Arm nehmen kann. Wenn Mose in die Klinik kam, musste ich raus, weil nur ein Familienmitglied ins Gebäude durfte. So saß ich die ganze Zeit in diesem kleinen Raum und meine Gedanken und Gefühle überfluteten mich. Ich weiß nicht, ob ich einfach zu emotional bin, aber die nächsten 2 Wochen wurden so viele Tränen geweint wie noch nie zuvor….Ich war in dieser Situation ganz allein- ich hab mich so verlassen gefühlt, wie noch nie zuvor. Der Einzige, der mit mir da war, war GOTT! Und innerlich schrie ich einfach nur, während ein Wasserfall von Tränen nicht mehr aufhören wollte zu fließen! Das einzige was uns jeden Tag Kraft und Mut gab, waren die Gebete unserer Familie und Freunden.

Ich wollte Antworten von Gott! WARUM? WARUM mein Baby? Lag es an mir oder an uns? Waren wir nicht gut genug gewesen oder hatten wir etwas falsch gemacht, so dass wir bestraft wurden?Sieben Kinder in der Bekanntschaft wurden in den Tagen nach Levis Geburt zur Welt gebracht… alle Babys waren gesund und durften nach Hause…. nur wir nicht. Nur mein Baby war krank! Ich weiß nicht wie Menschen das durchstehen, wenn sie Gott nicht kennen! So schrie ich den ganzen Tag innerlich zu Gott und eine friedliche Zuversicht erfüllte mich. Gott hatte einen Plan! Einen guten Plan! Und wir mussten ihm Vertrauen! Auch wenn alles so aussieht, als ob es immer nur noch schlimmer wird, er hat einen guten Plan für uns. In dieser dunklen Zeit durfte ich Gott komplett von einer neuen Seite kennenlernen.

Nach zwei Wochen ohne jegliche Anzeichen von Besserung, wollte ich einfach nur noch nach Hause. Also wurde unter Druck von unserer Seite alle möglichen Untersuchungen gemacht und wir wurden auf Eigenverantwortung entlassen. Gott sei dank war der Oberarzt ganz cool und meinte wir schaffen das, zu Hause ist alles nochmal anders, und wenn irgendwas sein sollte, sollen wir bitte sofort wieder kommen. Wir sollten alle paar Tage zur Untersuchung zum Kinderarzt gehen und dann schauen wir, wie sich alles entwickelt. Ins Sondieren wurde ich dort eingewiesen und versuchte ihm immer wieder, durch den Finger im Mund, die Milch zu geben. Ach, war das schön zu Hause.

Zu Hause war es einfach eine komplett andere Atmosphäre. Es war schwer, aber Mose war da und wir konnten uns abwechseln. Mir wurde einfach wieder bewusst, wie schön es mit der Familie ist.

Was ich dazu sagen möchte, ich habe uns nur selber aus der Klinik entlassen, weil ich Levi schon komplett allein versorgt hab. Auch gefüttert über die Sonde… ich wusste das wir das alleine schaffen und meine Kinderärztin ist echt super, falls was wäre, durften wir sofort kommen.

Levi brauchte ungefähr für 75ml Milch, 1,5-2h zum essen. Und weil das viel zu wenig war, musste er alle 2h, die Menge trinken. Also waren wir 12h nur am füttern, aber wir hätten alles dafür getan, hauptsache er nimmt endlich zu. Er war so schwach und mini und schlief eigentlich fast nur.

Eines morgens, wir waren ungefähr schon 2 Wochen zu Hause, da hat er sich selber seine Sonde rausgezogen. Der erste Schock war groß, aber ich versuchte ihm über den Schnuller mit einer Sonde, die Milch in den Mund reinzuspritzen. Es klappe eigentlich auch alles super, aber Levi nahm einfach nicht zu, obwohl er seine Menge gegessen hatte. Wir mussten sowieso jede Woche zur Kinderärztin zur Kontrolle und wurden dann gleich wieder in eine Kinderklinik hier in der Nähe geschickt, damit sie dort die Sonde neu legen. Der Chefarzt dort, war echt sehr kompetent. Er gab mir paar Tipps, wie ich die Muttermilch aufpeppen kann. Eigentlich war das FMS für Frühchen, aber dadurch, dass Levi auch so klein war, sollte ich es in die Milch mischen. Und was glaubt ihr, von heut auf morgen, nahm er so viel zu… Er wurde immer kräftiger. Das trinken klappe einfach weiterhin nicht, aber wir beteten weiter und wussten, Gott wird alles irgendwann richten! Und auf einmal fing er an, durch die Flasche zu essen. Für uns war es so ein großes Wunder. Fast 3 Monate, war es so schwer, und auf einmal, veränderte sich unser Baby komplett! Für uns ist es einfach ein Wunder Gottes! Er hat uns eine Zeitlang zappeln lassen, um unserer Vertrauen zu stärken, – und dann kam das Wunder. Er entwickelte sich so schnell und so gut. Es war einfach faszinierend.

Und dann kam der Tag der Operation immer Näher….

Wie die Operation ablief, wie wir das Verkraftet haben und vieles mehr, erzähle ich dir im Post „Die Operation“.

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